Ökologische Getreidezüchtung
Es ist eine Grundlage unserer Ernährung. Fast jede*r isst es, doch kaum eine*r weiß, wo es herkommt: Das Getreide.
Wie entsteht eigentlich eine neue Getreidesorte? Nach welchen Kriterien wird entschieden, ob eine Sorte für den Markt geeignet ist? Und was ist eine spontane Kreuzung?
Die Getreidezüchter*innen Catherine Cuendet und Herbert Völkle haben uns auf dem Gut Mönchhof in Hessen, einem Standort der Getreidezüchtung Peter Kunz (gzpk), einen Einblick in die biologisch-dynamische Getreidezüchtung gegeben.
Wie der Alltag der Getreidezüchter*innen aussieht, welchen Problemen sie trotzen und was die ökologische Getreidezüchtung alles mit sich bringt, erfahre in unserem Online-Event „Auf den Spuren der Getreidezüchter“.
Die im Online-Event von Zuschauer*innen gestellten Fragen gibt es hier zum Nachlesen.
Der gesamte Schlag hat eine Fläche von 15 ha. Von der eigentlichen Züchtungsarbeit – sprich Kreuzung, Selektion und Erhaltungszüchtung – werden 0,75 ha belegt. Wenn man davon ausgeht, dass zum Beispiel bei jeder Art jedes Jahr eine Kreuzung gemacht wird und infolgedessen der gesamte Vorgang von der Kreuzung bis zur fertigen Sorte auf dem Feld steht, so werden dafür nicht mehr als 400 m² benötigt. Darüber hinaus ist es allerdings notwendig, gewisse Stufen an verschiedenen Standorten verschiedensten Bedingungen auszusetzen, daher werden Flächen an möglichst diversen Standorten in Bezug auf beispielsweise Höhenlage, Klima, Bodengüte oder Bewirtschaftungsintensität benötigt.
Jede neue Sorte muss vor der Zulassung einen gesetzlichen Rahmen des Bundessortenamtes durchlaufen. Hierbei wird unter anderem der landeskulturelle Wert beachtet. Dies bedeutet, die neue Sorte muss in der Gesamtheit ihrer Eigenschaften eine Verbesserung für den Pflanzenbau bringen. Sie kann beispielsweise einen höheren Ertrag liefern, oder auch eine bestimmte Widerstandsfähigkeit gegen eine Krankheit entwickelt haben. In der biologisch-dynamischen Züchtung wird zudem auf die harmonische Entwicklung der gesamten Pflanze geachtet.
Man kann generell von anderen Bedingungen im Vergleich zu Landwirten sprechen. In der Züchtung möchte man möglichst viele Extreme vereinen, um eine Sorte voll und ganz zu prüfen und ihre Entwicklung zu verfolgen. Dennoch gibt es auch trockene Jahre, die uns Züchter vor Schwierigkeiten stellen.
Eigentlich Tag und Nacht, von Januar bis Dezember. Die intensivste und schönste Zeit beginnt jedoch ab Mitte Mai. Täglich wird auf dem Feld die Entwicklung der Pflanzen verfolgt. Nach der Ernte werden alle Daten einer Sorte zusammen getragen und für ein weiteres Vorgehen bewertet.
Ein Sortenversuch wie von der Uni Hohenheim soll die Vielfalt des Dinkels widerspiegeln. Da jede Sorte andere Eigenschaften hat, kann sich auch ein anderer Geschmack ausprägen.
Eine spontane Kreuzung entsteht unabhängig von Züchtern, initiiert von der Natur selbst. Wenn zum Beispiel ein Dinkelfeld und ein Weizenfeld nebeneinander liegen, kann es am gemeinsamen Rand der beiden Felder zu einer spontanen Kreuzung der Kulturen kommen. In trockenen Jahren kann dies vermehrt vorkommen, in der Regel jedoch ist eine solche Kreuzung eher selten. Ziel dieser natürlichen Entwicklung ist eine Anreicherung der Vielfalt zum Fortbestehen der Pflanzen.
Ja, es gibt ökologisch gezüchtete Braugerste. Die Getreidezüchtungsforschung Darzau hat eine solche Sorte gezüchtet. Allgemein ist es hierbei schwierig, da mehrere Personengruppen überzeugt werden müssen: Der Landwirt, der die Sorte anbaut, die Erzeugergemeinschaft, die das Getreide gesammelt aufnimmt und der Mälzer, der von der Qualität überzeugt werden muss.
Dinkeleiweiß hat einen anderen Aufbau als das Weizeneiweiß und wird daher häufig von Allergiker*innen besser vertragen.
Es gibt einige Krankheiten beim Dinkel. Häufig spielen der Witterungsverlauf und die Sorte selbst eine Rolle. Krankheiten wie die Spelzenbräune oder Braunrost sind oft durch eine geeignete Sortenwahl einzugrenzen.
Die Backqualität entscheidet sich nicht unbedingt bei der Wahl zwischen ökologisch oder konventionell. Allgemein entscheidet die Sorte über die unterschiedlichen Backqualitäten. Dennoch liegt ein besonderes Augenmerk der Ökozüchtung auf den qualitativen Eigenschaften einer Sorte.
Catherine Cuendet: Erst machte ich eine landwirtschaftliche Lehre, dann das Studium der Agrarwissenschaften. Während des Studiums habe ich ein Praktikum in der Züchtung gemacht. Dies hat mich mehr und mehr gepackt und begeistert. So bin ich bei der Getreidezüchtung geblieben. Herbert Völkle: Als Geschäftsführer der gzpk sehe ich meine Aufgabe in erster Linie in der Ermöglichung von biodynamischer Pflanzenzüchtung. Dazu gebracht haben mich auf meinem Berufsweg Erfahrungen in der ökologischen Landwirtschaft und in der Verarbeitung von Biolebensmitteln. Ich möchte einen Beitrag dazu leisten, dass der ökologischen Landwirtschaft zur Entfaltung ihres vollen Potenzials gute und geeignete Sorten zur Verfügung stehen. Und dazu, dass wir nachfolgenden Generationen eine bestmögliche Biodiversität hinterlassen.
Die gzpk ist als gemeinnütziger Verein organisiert. Der lange Entwicklungszyklus – 20 Jahre von der ersten Kreuzung bis zu einer etablierten Sorte im Markt – und der Biosaatgutmarkt als Nische machen eine Eigenfinanzierung unmöglich. Wir sind deshalb auf Kooperationen in der Wertschöpfungskette, Spenden und Organisationen angewiesen, die in eine nachhaltige Zukunft investieren wollen und unsere Arbeit ermöglichen.